Da es heute mal mit dem Wetter nicht so gut aussieht, wie die letzten Tage, habe ich mir endlich mal Zeit genommen, einen Beitrag fertigzustellen, der schon länger hinter den Kulissen als die bisher “Unvollendete” auf seine Veröffnetlichung gewartet hat.
Innerhalb eines firmeninternen Projekts hatte ich vor ein paar Monaten die Gelegenheit mich verstärkt mit Instrumenten zur Persönlichkeitsanalyse zu beschäftigen. Aus meiner Sicht ein sehr spannendes Thema – andere wiederum halten die Persönlichkeitsanalyse für wissenschaftliche Horoskope. 🙂
Genauso vielfältig wie die Meinungen zu solchen Instrumenten, sind auch die Menschen selbst, mit ihren ganz unterschiedlichen Charakterzügen, Denk- und Verhaltensweisen.
Eines ist meiner Meinung nach aber gewiss: Die “menschliche Ressource” ist für jedes Unternehmen ein ganz entscheidender Faktor, wenn es darum geht Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Trotz aller Maschinen, Technologien und sonstigen Hilfsmitteln, sind es letztendlich die Menschen, welche mit ihrer Arbeitkraft für den Erfolg eines Unternehmens den Unterschied machen. Deshalb sollte man sich bei der Auswahl der geeigneten Mitarbeiter auch viel mehr Zeit nehmen und einen entsprechenden Aufwand investieren. Ein Mehraufwand, der sich letztendlich ganz bestimmt in einem Mehrwert transferiert. Dabei kann man sich unter anderem solcher wissenschaftlich untermauerten Instrumente, wie der Persönlichkeitanalyse, bedienen – allerdings sind diese auch mit Vorsicht zu geniesen.
Viele dieser Analysemethoden basieren dabei auf den psychologischen Typen von
Carl Gustav Jung, einem Schweizer Psychiater und Begründer der
analytischen Psychologie. Jung’s Typen unterscheiden sich dabei auf zwei sich orthogonal zueinander stehenden Achsen:
Mit Ausprägungen von introvertiert nach extravertiert (von links nach rechts). Hieraus ergeben sich 4 wesentlich unterscheidbare Persönlichkeitstypen mit ihren entsprechenden Charaktereigenschaften:
Seit C.G. Jung hat sich in diesem Bereich einiges getan und um es vorweg zu nehmen, ein Mensch hat dabei Ausprägungen in alle vier Richtungen. Die Wissenschaft hat in der Zwischenzeit immer mehr über das menschliche Gehirn herausfinden können – auch wenn natürlich immer noch sehr, sehr vieles unbekannt ist. Einige Persönlichkeitsanalysemodelle weichen deshalb von C.G. Jung’s “Psychologischen Typen” ab. Die unterschiedlichen Instrumente haben dabei auch sehr vielfältige Betrachtungswinkel, wie bspw.:
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Das Herrmann Brain Dominance Instrument (
HBDI)
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Das Structure of Intelect Model (
SOI)
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Um ein paar wenige der zahlreich existierenden Modelle zu nennen.
Innerhalb des internen Projekts habe ich mich vor allem sehr intensiv mit dem HBDI auseinandergesetzt. Dieses möchte ich in den folgenden Abschnitten kurz erläutern.
Das HBDI unterscheidet ebenfalls 4 verschiedenen Hauptausprägungen und unterteilt diesem ebenfalls in 4 Quadranten. Im Vergleich zu Jung, haben die Entwickler des HBDI allerdings ein wenig mit den Farben und Zuordnungen “gespielt”. Vor allem aber an der “Zusammensetzung” des Gehirns orientiert: Linke und rechte Gehirnhälfte (linker, rechter Modus) sowie dem cerebralen (oberer Modus) und limbischen (unterer Modus) System. Im Kern bleiben sich diese Modelle allerdings sehr ähnlich.
Neben dem Fakt, dass die linke Gehirnhälfte die Steuerung der rechten Körperhälfte übernimmt, werden dieser dabei eher die logischen, analytischen, sequentiellen und rationalen Denkvorgänge zugeordnet. Im Gegensatz hierzu werden der rechten Hemisphäre ganzheitliche, unmittelbare, intiutive, visuelle, integrierende, emotionale und expressive Gerhirnaktivitäten zugeordnet.
Das limbische System ist vor allem für unsere Gefühle, unser Verhalten und unser Gedächtnis die zentrale Verwaltungsstelle. Der cerebrale Bereich liegt über dem limbischen System und ist der Bereich des kognitiven und intellektuellen Denkens. Somit ist die Wahrnehmung im oberen Modus eher eine gedankliche, im unteren Modus eine gefühlsmässige.
Die Persönlichkeitsanalyse wird dabei unter Verwendung eines Fragebogens durchgeführt, welcher Fragen bezüglich der verschiedenen Quadranten enthält. Verschiedene Fragetechniken, wie “forced Choice” Fragen, werden innerhalb des Fragebogens verwendet und versetzen den Befragten in verschiedene “Stresssituationen”
Aus dem Ergebnis des Fragebogens ergibt sich dann ein “Selbstbild”, welches im Allgemeinen sehr zutreffend und aufschlussreich ist, da es eine Sichtweise repräsentiert, die anderen nicht zugänglich ist – je nachdem wie ehrlich man den Fragebogen beantwortet. Aus meiner eigenen Erfahrung ist es manchmal gar nicht so leicht zu unterscheiden, ob man sich selbst gegenüber die Wahrheit sagt oder die Fragen so beantwortet, wie man gerne sein möchte…deshalb ist beim Ausfüllen des Fragebogens ein bestimmtes Mass an Selbstkritik unabdingbar. Zudem besteht immer wieder auch ein grosser Unterschied zwischen dem Selbstbild und dem Bild, das andere von uns haben, wie wir auf sie wirken (Fremdbild).
Nachfolgend ein Beispiel für ein Ergebnis des Fragebogens, welches im weiteren Verlauf ein wenig genauer erklärt wird:

Das Ergebnis des Fragebogens sind eine Punktzahl in jedem Quadranten und damit Verbunden (anhand der Punktzahl) die Priorität (1-3) für den jeweiligen “Denkbereich” – somit die Denkstilpräferenzen. In einem Schaubild ergibt sich daraus eine Art “Spinnennetz der Persönlichkeit”. Unterschieden in Hauptdenkstil (durchgezogene Linie) und Denkstil unter Stress (gestrichelte Linie). Priorität 1 beideutet, dass dieser Quadrant sehr häufig verndet wird. Eine 3 hingegen spricht für eine sehr seltene Verwendung bis hin zur Vermeidung. Dabei ist festzuhalten, dass sich die Punktzahlen der diagonal gegenüberliegenden Quadranten gegenseitig verstärken bzw. abschwächen. Die nebeneinanderliegenden Quadranten werden vom jeweiligen Nachbarn unterstützt. Die Prozentzahlen zwischen den benachbarten Quadranten geben einen Aufschluss über die Verwendung des entsprechnden Modus (links, rechts, oben und unten).
Dabei ist klar, ein Fragebogen zielt immer auf ganz bestimmte Ergebnisse ab. Genauso liegt aus meiner Sicht aber auch auf der Hand, dass Menschen, welche einen identischen Fragebogen auf die gleiche Art und Weise beantworten von ihren Denkansätzen her nicht komplett auseinander liegen können.
“Der Mensch kann bekanntlich nie alles zugleich und nie ganz vollkommen sein. Er entwickelt stets nur gewisse Qualitäten, und andere lässt er verkümmern. Zur Vollständigkeit reicht es nie.” (Engelmann, 2012)
Es liegt nahe: Je näher die Tätigkeiten eines Menschen an dessen Persönlichkeit sind, desto höherwertig sind in der Regel die Arbeitsergebnisse – das Herz der Person hängt nämlich sozusagen an der Aufgabe. Ganz wichtig zu unterscheiden bleibt, dass Denkpräferenz ganz und gar nicht dasselbe bedeutet wie Kompetenz. Jemand der von Natur aus gerne analytisch denkt, muss das noch lange nicht sehr gut machen. Andererseits können auch Stärken in Quadranten vorhanden sein, die weniger ausgeprägt sind.
Sehr grosse Vorsicht ist somit geboten, in ein “Stereotypendenken” zu verfallen. Dabei fällt mir immer wieder ein “Schlüssel-Satz” ein, den eine Donzentin innerhalb einer Vorlesung zum Thema “Interkulturelle Kommunikation” des öfteren wiederholte:
“You might be right – but you’re probably wrong”.
Wie bei jedem Modell handelt es sich um Reduktion von Komplexität – die menschliche Psyche ist dabei mit eines der komplexesten Dinge auf dieser Welt. Da kann man recht haben…aber auch ganz schnell mal danebenliegen.
Ich selbst habe es sehr spannend gefunden, so einen Fragebogen auszufüllen – und sich selbst im Ergebnis wiederzufinden. Allerdings – und da ist die Kritik bzw. der Brückenschlag mit dem Horoskop vielleicht auch gar nicht so unpassend – je häufiger man die Beschreibungen seines Ergebnisses studiert, desto mehr findet man sich darin wieder. Aus meiner Sicht geht die Tendenz sehr leicht in die Richtung möglichst viele Belege für eine Übereinstimmung zu finden als umgekehrt.;-)
Dennoch bin ich davon überzeugt, dass solche Instrumente eine wertvolle Unterstützung bei der Wahl der passenden Angestellten und vor allem auch für einen selbst sein können – sofern zielführende Rückschlüsse gezogen werden, die angemessen kritisch hinterfragt werden. Am besten einfach mal selbst ausprobieren und eine eigene Meinung bilden…
Viele Grüsse,
Andreas Steiner